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27. Mai 2025, von Schwerbehindertenvertretung der Universität Hamburg (ohne UKE)
Im vorliegenden Fall stritten die Parteien über die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung. Dabei ging es u.a. um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitgeber verpflichtet ist, im Rahmen einer betriebsbedingten Änderungskündigung nach §1 Abs. 2 KSchG eine vollständige Tätigkeit im Homeoffice als milderes Mittel anzubieten.
Der Arbeitnehmer war seit dem 01.05.2008 bei der Beklagten am Standort R. beschäftigt. Insgesamt beschäftigte die Arbeitgeberin 88 Arbeitnehmer im Unternehmen. Im Dezember 2023 entschied sie, den Standort R. aus wirtschaftlichen Gründen zu schließen und die dort anfallenden Tätigkeiten künftig am Standort D. fortzuführen. Infolgedessen erhielten sechs der sieben Beschäftigten am Standort R. eine Änderungskündigung von der Arbeitgeberin, mit dem Angebot, ihr Arbeitsverhältnis zu identischen Bedingungen – ausgenommen des Arbeitsortes – am neuen Standort D. fortzusetzen. Dem Arbeitnehmer ging die Änderungskündigung am 17.04.2024 für den 31.10.2024 zu. Er nahm das Angebot unter Vorbehalt an, verband dies jedoch mit der Forderung, seiner Tätigkeit vollständig aus dem Homeoffice nachkommen zu dürfen. Diese Forderung lehnte die Arbeitgeberin ab, mit der Begründung, den Anteil der Homeoffice-Tätigkeiten unternehmensweit reduzieren zu wollen. Zudem sei die Tätigkeit des Arbeitnehmers ihrer Ansicht nach nicht für eine vollständige Homeoffice-Lösung geeignet, da er sich mit anderen Abteilungen abstimmen sowie Mitarbeitende leiten müsse. Außerdem befänden sich die für seine Arbeit notwendigen Unterlagen künftig ausschließlich in analoger Form am Standort D.
Daraufhin erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen und beantragte festzustellen, „dass die Änderungskündigung unwirksam sei, da die Arbeitgeberin verpflichtet gewesen wäre, ihm eine vollständige Homeoffice-Tätigkeit als milderes Mittel zur Vermeidung der Änderungskündigung anzubieten.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die dagegen gerichtete Berufung des Arbeitnehmers blieb vor dem Landesarbeitsgericht Stuttgart erfolglos.
Das Landesarbeitsgericht Stuttgart entschied, dass die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt sei. Mit der Entscheidung, den Standort R. zu schließen, sei der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers unstreitig entfallen. Die Arbeitgeberin sei nicht dazu verpflichtet gewesen dem Arbeitnehmer eine vollständige Tätigkeit im Homeoffice als milderes Mittel anzubieten. Nach gefestigter Rechtsprechung des BAG seien Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen oder bestehende Strukturen im Sinne des Arbeitnehmers umzugestalten. Es habe keinen vertraglichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Tätigkeit im Homeoffice gegeben und die Arbeitgeberin habe bislang keine vergleichbare Tätigkeit dauerhaft im Homeoffice angeboten.
Das Landesarbeitsgericht nahm Bezug auf die unternehmerische Freiheit der Arbeitgeberin, selbst zu entscheiden, welcher Anteil der Tätigkeiten im Homeoffice verrichtet werden könne. Im vorliegenden Fall sei nicht das Direktionsrecht nach §106 GewO maßgebend, da der Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers einen festen Dienstsitz und keine Versetzungsklausel umfasse. Die beabsichtigte Änderung des Arbeitsortes habe somit nur durch eine Änderungskündigung durchgesetzt werden können
Hinweis: Da die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, wurde die Revision zum BAG zugelassen. Diese wurde unter dem Aktenzeichen 2 AZR 302/24 eingelegt und ist gegenwärtig noch nicht entschieden.