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22. September 2025, von Schwerbehindertenvertretung der Universität Hamburg (ohne UKE)
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in einer bemerkenswerten Entscheidung zur Beteiligung der SBV nach § 178 Abs 2 SGB IX geäußert und zur Pflicht der Arbeitgeber nach § 181 SGB IX einen Inklusionsbeauftragten (IKBA) zu bestellen. Das BAG sieht z.B. einen möglichen Zusammenhang zwischen der Nichtbestellung eines IKBA und Schadensersatzansprüchen eines schwerbehinderten Menschen nach § 22 AGG wegen Benachteiligung.
Nach § 181 SGB IX sind Arbeitgeber verpflichtet, einen Inklusionsbeauftragten zu bestellen, der ihn in Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen in Verantwortung vertritt. Interessenvertretungen haben gemäß ihren allgemeinen Aufgaben die Pflicht, Gesetze zu überwachen. Das SGB IX ist ein Gesetz.
Leider sieht der Gesetzgeber in der Unterlassung der Bestellung z.B. keine Ordnungswidrigkeit. Eine Durchsetzung der Bestellung seitens der Interessenvertretungen ist oftmals schwierig.
Im vorliegenden Fall geht es um eine schwerbehinderte Beschäftigte, die zusätzlich noch gewählte Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen ist. Die Frau machte vor dem Arbeitsgericht mehrere Benachteiligungen geltend und verlangte Schadensersatz nach AGG. Unter anderem wegen wiederholter Nichtbeteiligung der SBV nach § 178 Abs 2 SGB IX und wegen unterlassener Bestellung eines Inklusionsbeauftragten nach § 181 SGB IX.
Für das BAG zählt die Verpflichtung des Arbeitgebers, nach § 181 SGB IX einen Inklusionsbeauftragten zu bestellen, zu den Verfahrens- und Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen, deren Verletzung ein Indiz nach § 22 AGG für den kausalen Zusammenhang zwischen der Schwerbehinderung und der Benachteiligung sein kann. Durch die Bestellung eines Inklusionsbeauftragten soll zum einen gewährleistet werden, dass der Arbeitgeber, die ihm gegenüber schwerbehinderten Menschen obliegenden Pflichten erfüllt. Zum anderen soll die Person des Inklusionsbeauftragten sicherstellen, dass schwerbehinderte Menschen, Betriebs- und Personalräte, Mitarbeitervertretungen und das Integrationsamt sowie sonstige staatliche Stellen und Behörden einen kompetenten Ansprechpartner auf Arbeitgeberseite hinsichtlich ihrer Belange und Aufgaben haben.
Konkret war die Beschäftigte abgemahnt worden, weil sie sich geweigert hatte nicht behinderten gerechte Tätigkeiten zu verrichten entgegen § 164 Abs 4 SGB IX. Das BAG verlangt nun vom Landesarbeitsgericht (LAG) zu prüfen, ob durch die Nichtbestellung eines IKBA ein Indiz nach § 22 AGG vorliegt und ein kausaler Zusammenhang zwischen der Schwerbehinderung und der Benachteiligung begründet ist. Hätte also ein IKBA durch Einflussnahme auf den Arbeitgeber die Abmahnung verhindern können, oder nicht.
Auch die unterbliebene Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vor Ausspruch der Abmahnung könnte ein Indiz für einen kausalen Zusammenhang zwischen der Schwerbehinderung und den Benachteiligungen der Klägerin begründen. Dies setzt jedoch voraus, dass durch die Abmahnungen die spezifischen Belange der Klägerin als schwerbehinderter Mensch betroffen sind. Das wäre der Fall, wenn die Klägerin wegen der Weigerung abgemahnt worden wäre, Tätigkeiten zu verrichten, die nicht behinderungsgerecht nach § 164 Abs. 4 SGB IX sind.