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17. November 2025, von Schwerbehindertenvertretung der Universität Hamburg (ohne UKE)
In einem industriellen Dienstleistungsunternehmen war ein Arbeitnehmer seit 2019 als Planer am Standort K beschäftigt. Im März 2023 teilte die Arbeitgeberin ihm mit, der Standort K werde zu Ende April eingestellt; er werde deshalb mit Wirkung zum 01.05.2023 an den Standort M versetzt. Dieser neue Standort ihm wurde auch hilfsweise als Teil einer Änderungskündigung angeboten. Mit den Schreiben wurde der Kläger zugleich angewiesen, seine Tätigkeit in Zukunft am Standort M auszuüben. Zwischen diesen Standorten liegen mehr als 500 km.
Der Arbeitnehmer klagte sowohl gegen die Versetzung als auch gegen die Kündigung, mit der Begründung, er habe bislang nahezu alle Tätigkeiten aus dem Homeoffice heraus geleistet, bzw. sei vor Ort bei den Kunden tätig gewesen. Die vom Standort K aus betreuten Kunden seien auch nicht am Standort ansässig, sondern international verteilt. Die Versetzung sei daher nicht erforderlich und ein Verstoß gegen § 106 GewO. Sie sei auch unzumutbar, da ihm ein derart kurzfristiger Wechsel an den Standort M nicht möglich, jedenfalls aber mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sei.
Die Arbeitgeberin wandte ein, am Standort K gebe es durch dessen Schließung keine Arbeitsplätze mehr, auch nicht solche im Homeoffice. Dem Kläger sei auch das Homeoffice nicht dauerhaft, sondern im Wesentlichen anlässlich der Pandemie gewährt worden.
Das Arbeitsgericht Köln gab der Klage statt. Die Umsetzung nach M unter gleichzeitiger Entziehung des Homeoffice widerspreche billigem Ermessen. Die Arbeitgeberin legte erfolglos Berufung ein.
Auch das Landesarbeitsgericht Köln urteilte zugunsten des Arbeitnehmers und begründete dies mit den folgenden Argumenten:
Die Versetzung überschreite die Grenzen billigen Ermessens. Dies gelte insbesondere für den mit der Versetzung verbundenen Verlust der Arbeit im Homeoffice. Hiermit habe die Arbeitgeberin ihr Weisungsrecht in unbilliger Weise genutzt und die Interessen des Arbeitnehmers nicht in angemessener Weise berücksichtigt. Dieser habe ein erhebliches Interesse daran, weiter in der seit Jahren gewohnten Umgebung zu arbeiten. Sachliche Interessen, die dagegensprächen, habe die Arbeitgeberin nicht vorgetragen. Insbesondere habe sie nicht widerlegt, dass auch der weitere Einsatz aus dem Homeoffice heraus unproblematisch sei. Weiterhin machte sie keine konkreten Angaben, für welche Tätigkeiten des Arbeitnehmers eine Anwesenheit im Betrieb nötig sein könnte. Im Ergebnis sei zwar die Zuordnung des Arbeitnehmers zum Standort M erforderlich, nicht jedoch der hiermit verbundene Entzug des Homeoffice. Entsprechend erweise sich dann auch die Änderungskündigung als unwirksam. Hier hätte ein milderes Mittel darin bestanden, den Arbeitnehmer unter Aufrechterhaltung des Homeoffice formell dem neuen Standort zuzuweisen. Soweit die Änderungskündigung auf den Entzug des Homeoffice aus betriebsbedingten Gründen abziele, sei festzustellen, dass die Arbeitgeberin dazu keine entsprechende Unternehmerentscheidung vorgetragen habe. Ein dringendes betriebliches Erfordernis für den Entzug des Homeoffice sei mithin nicht ersichtlich.
Der Widerruf einer Erlaubnis zur Arbeit im Homeoffice dürfe nicht willkürlich erfolgen, sondern benötige einen Sachgrund. Dieser Sachgrundes müsse sich an den Grenzen billigen Ermessens i.S.d. § 106 GewO orientieren.