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18. Januar 2022, von Schwerbehindertenvertretung der Universität Hamburg (ohne UKE)
Ein Jurist mit einem GdB von 50 hatte bis vor das Bundesarbeitsgericht (BAG) geklagt, weil der Landkreis Meißen, bei dem er sich als Amtsleiter für das Rechts- und Kommunalamt beworben hatte, seine Bewerbung ablehnte. Der Jurist sah sich wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Dies folge zum einen daraus, dass der Arbeitgeber den freien Arbeitsplatz nicht den Vorgaben von § 165 Satz 1 SGB IX entsprechend der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet habe und zum anderen, weil er ihn entgegen der Verpflichtung aus § 165 Satz 3 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Der Jurist klagte auf eine Entschädigungszahlung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Im Gegensatz zu den Vorinstanzen in Sachsen gab das BAG dem Bewerber recht, weil bereits ein Verstoß gegen formelle Anforderungen die Vermutung aus § 22 AGG begründe, dass eine Benachteiligung wegen Schwerbehinderung vorliege. Hier hat das BAG eine Benachteiligung wegen Behinderung vermutet, weil der beklagte Landkreis den ausgeschriebenen, mit schwerbehinderten Menschen besetzbaren Arbeitsplatz nicht den Vorgaben von § 165 Satz 1 SGB IX entsprechend der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat. Die Veröffentlichung des Stellenangebots nur über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit werde den gesetzlichen Vorgaben nicht gerecht. Der Umstand der unterlassenen Meldung begründe die Vermutung, dass der erfolglose Bewerber im Stellenbesetzungsverfahren wegen seiner Schwerbehinderung nicht berücksichtigt und damit wegen der Schwerbehinderung benachteiligt wurde.
Ob weitere Verstöße gegen die Verfahrens- und / oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen vorlagen, konnten die obersten Arbeitsrichter somit offenlassen. Das BAG hat dem Bewerber eine angemessene Entschädigung gemäß § 15 Absatz 2 AGG zugesprochen.
Bislang hat das BAG hier lediglich die Pressemitteilung Nr. 40/2021 zu dem Urteil vom 25.11.2021 – 8 AZR 313/20 veröffentlicht.
Anmerkung: Dieses Urteil verdeutlicht, wie wichtig das Einhalten der entsprechenden Verfahrensvorschriften bei einem Bewerbungsprozess – insbesondere für öffentliche Arbeitgeber – ist. Die Förderpflichten u.a. nach § 165 SGB IX sind für öffentliche Arbeitgeber noch weitgehender, als für private Arbeitgeber (§ 164 SGB IX). Ein Verstoß gegen die gesetzlichen Verfahrens- und / oder Förderpflichten kann die Vermutung einer Benachteiligung wegen einer Behinderung begründen. Ob die Arbeitgeber die ihnen obliegenden Verpflichtungen erfüllen, überwacht auch die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 SGB IX.