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27. Oktober 2022, von Schwerbehindertenvertretung der Universität Hamburg (ohne UKE)
In der bisherigen Rechtsprechung war die Fragestellung umstritten, ob der Zweck der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben nach § 185 Abs. 3 und Abs. 5 SGB IX mit Erreichen der Regelaltersgrenze noch erreicht werden kann, so dass eine Leistungsbewilligung zu dem Zeitpunkt möglicherweise nicht mehr in Betracht kommt.
Zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) im Januar 2022 haben nun Klarheit in diese umstrittene Thematik gebracht. In den beiden vorliegenden Fällen forderten zwei selbständig tätige schwerbehinderte Menschen, die auf Assistenzleistungen angewiesen und über die gesetzliche Altersgrenze hinaus im Arbeitsleben aktiv waren, die Kostenübernahme für die Assistenzleistungen im Rahmen der begleitenden Hilfen.
Das BVerwG entschied, dass es eine solche Altersgrenze nicht gibt und ein schwerbehinderter Mensch die Übernahme von notwendigen Assistenzkosten auch nach Erreichen des Regelrentenalters beanspruchen kann. Bereits dem Wortlaut des § 185 Abs. 5 SGB IX sei keine Altersbeschränkung zu entnehmen. Diese folge auch nicht aus dem Begriff „Arbeitsleben“. Dieser Begriff meine lediglich die Phase, in der sich der Berechtigte in Arbeit befindet. Wann diese Phase ende, ergebe sich hieraus aber nicht. Darüber hinaus wird angeführt, dass Menschen mit Behinderung nach der UN-BRK das Recht auf Arbeit und das Recht, diese frei zu wählen, haben. Die Verwirklichung dieses Rechts an eine Altersgrenze zu knüpfen würde ein Widerspruch darstellen. Nichtbehinderte Menschen können frei darüber entscheiden, bis zu welchem Lebensalter sie dem von ihnen gewählten Beruf nachgehen wollen. Für Menschen mit Schwerbehinderung kann im Rahmen der Chancengleichheit nichts Anderes gelten.
Diese Regelung gelte nicht nur für Selbständige, sondern für Schwerbehinderte Menschen im Angestelltenverhältnis, also ebenfalls für Arbeitnehmer und Beamte. Eine Leistung der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben kommt nur dann nicht mehr in Betracht, wenn ein Gesetz oder eine Berufsordnung eine Altersgrenze regelt, beispielsweise die gesetzlich festgelegte Altersgrenze von 70 Jahren bei Notaren. In einem solchen Fall kann der Bewilligungszeitraum entsprechend begrenzt werden.