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16. Januar 2023, von Schwerbehindertenvertretung der Universität Hamburg (ohne UKE)
Im vorliegenden Fall ging es um einen Beschäftigten im Rettungsdienst. Diesem wurden Arbeitsstunden abgezogen bzw. wurde ihm wegen unentschuldigtem Fernbleibens eine Abmahnung erteilt. Grund war eine kurzfristige Dienstplanänderung, die der Arbeitgeber dem Beschäftigten per Telefon und in der Folge per SMS mitteilen wollte. Der Mann erschien aber zum ursprünglich vereinbarten Dienstbeginn, weil er in seiner Freizeit die Änderung seines Dienstbeginns nicht „mitbekommen“ hatte. Der Mann machte wegen Annahmeverzugs die Arbeitszeit geltend und verlangte die Entfernung der Abmahnung.
Zusätzlich hoch interessant macht den Fall, dass es eine Betriebsvereinbarung gab, in der festgelegt worden war, dass, entgegen der Regelplanung, der Dienstbeginn bis 20 Uhr des Vortages präzisiert werden durfte. Der Arbeitgeber vertrat die Auffassung, dass es zu den arbeitsvertraglichen Pflichten eines Beschäftigten gehört, sich nach dem Beginn des Dienstes zu erkundigen. Das vorinstanzliche Arbeitsgericht bestätigte die Rechtsaufassung des Arbeitgebers, sowie die Rechtsgültigkeit der Betriebsvereinbarung.
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein urteilte, dass Beschäftigte nicht verpflichtet sind, während ihrer Freizeit eine dienstliche SMS zu lesen, um sich über Arbeitszeit zu informieren und damit zugleich ihre Freizeit zu unterbrechen. Genau das aber hatte der Arbeitgeber zu Unrecht verlangt. Denn auch beim Lesen einer dienstlichen SMS, mit der der Arbeitgeber sein Direktionsrecht im Hinblick auf Zeit und Ort der Arbeitsausübung konkretisiert, handelt es sich um Arbeitszeit. Während der freien Tage kann von Beschäftigten aber keinerlei Arbeitsleistung verlangt werden. Zudem steht allen Beschäftigten ein Recht auf Nichterreichbarkeit zu, da es zu den „vornehmsten“ Persönlichkeitsrechten gehört, dass ein Mensch selbst entscheidet, für wen er oder sie in dieser Zeit erreichbar sein will oder nicht. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass eine SMS schnell gelesen ist: “Arbeit”, so die Richter deutlich, “wird nicht deswegen zur Freizeit, weil sie nur in zeitlich ganz geringfügigem Umfang anfällt”.