Sie können max. 10 Favoriten hinterlegen.
Bitte löschen Sie einen, bevor Sie einen weiteren hinzufügen.
7. August 2024, von Schwerbehindertenvertretung der Universität Hamburg (ohne UKE)
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte im Januar 2024 über den Fall einer erfolglosen Bewerbung eines gleichgestellten Bewerbers im öffentlichen Dienst zu entscheiden.
Der Bewerber bewarb sich erfolglos bei einem Landkreis als “Leitung Personal” und machte anschließend gegenüber dem Beklagten einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG geltend. Er führte an, die geforderten Anforderungen zu erfüllen und benachteiligt worden zu sein, da die Schwerbehindertenvertretung nicht den gesetzlichen Anforderungen aus § 164 SGB IX nach unverzüglich unterrichtet worden sei.
Das Gericht gestand dem Kläger eine Entschädigungszahlung zu. Zwei Aspekte der Urteilsbegründung sind für die Praxis der Schwerbehindertenvertretung besonders interessant:
Die Bedeutung der unmittelbaren Unterrichtung der Interessensvertretungen
Wenn ein Arbeitgeber den bei ihm eingerichteten Personalrat entgegen den Vorgaben des § 164 Abs 1 Satz 4 SGB IX über die Bewerbung des schwerbehinderten Bewerbers nicht unmittelbar nach deren Eingang unterrichtet, begründe dieser Umstand die Vermutung, dass die Schwerbehinderung des Bewerbers kausal für die Benachteiligung gewesen sei. Im vorliegenden Fall erfolgte die Unterrichtung der Interessensvertretungen (SBV und Interessensvertretungen nach § 176 SGB IX) erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist, 21 Tage nach Eingang der Bewerbung des Klägers. Diese Unterrichtung entspreche nicht der Bedeutung von “unmittelbar”.
Unverzichtbare Voraussetzungen als Maßstab für eine Eignung
Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 14. Juni 2023 (Az. 8 AZR 136/22 - Rn. 46) klargestellt, dass es nicht ausreichend sei, wenn der Arbeitgeber eine Voraussetzung für unverzichtbar hält, sondern dass diese tatsächlich unverzichtbar sein müsse.
Im vorliegenden Fall behauptete der Arbeitgeber, der Abschluss “Volljurist:in” sei unverzichtbar für die ausgeschriebene Stelle als Personalleitung. Das Gericht befand, dass die Unverzichtbarkeit in diesem Fall nicht gegeben sei und beruft sich dabei auf das genannte BAG-Urteil. Für eine Leitung des Bereichs Personal, auch mit der Aufgabe der “Rechtsberatung der Verwaltung”, sei es nicht notwendig, ein:e Volljurist:in zu sein. Vielmehr würden relevante Kenntnisse für die Verwaltungstätigkeit und Arbeitsrecht/Personalangelegenheiten beispielsweise auch in dem Masterstudiengang des Klägers „Master of Public Relations“ vermittelt.
Die Begründung des Urteils zeigt, dass es wichtig ist, wann der Arbeitgeber nach dem Eingang einer Bewerbung die Interessenvertretung bzw. die Schwerbehindertenvertretung unterrichtet. Eine Unterrichtung nach Ablauf der Bewerbungsfrist, ist unter Umständen nicht mehr „unmittelbar“.
Quelle: LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. Januar 2024 – 10 Sa 853/23, https://www.juris.de/r3/document/NJRE001569150