Co-Abhängigkeit/ Mitbetroffenheit
Mitbetroffenheit, auch oft als Co-Abhängigkeit oder Co-Verhalten bezeichnet, galt anfangs nur für den Alkohol. Der Begriff wurde mittlerweile auf alle Arten von Sucht ausgedehnt und ist eine „Verhaltensweise von Bezugspersonen der oder des (Alkohol-) Abhängigen, die geeignet sind, eine süchtige Fehlhaltung zu unterstützen und eine rechtzeitige Behandlung zu verhindern“. [DHS, 1986]
Co-Abhängigkeit bedeutet also nicht, dass die Partnerin oder der Partner bzw. Kollegen oder Vorgesetzte auch abhängig werden, sondern dass sie mit ihrem Verhalten dazu beitragen, dass die oder der Betroffene ihr oder sein Suchtverhalten ohne Konsequenzen ausleben kann.
Im privaten Umfeld könnte dies zum Beispiel bedeuten, dass die Partnerin oder der Partner regelmäßig für „Alkoholnachschub“ sorgt, weil z.B. ohne ausreichend Alkohol im Haus die Stimmung unerträglich wäre. Gleichzeitig ist ihr oder ihm klar, dass der Alkoholkonsum der Partnerin oder des Partners ganz bestimmt nicht mehr gesund ist. Auch eine falschverstandene Fürsorge („wenn es sie oder ihn doch aber glücklich macht“) führt dazu, dass die Aufrechterhaltung der Sucht unterstützt wird.
Im Arbeitsumfeld bedeutet co-abhängiges Verhalten, dass deutliche Anzeichen z.B. von Alkoholmissbrauch (z.B. regelmäßige Alkoholfahne zu Arbeitsbeginn) ignoriert, entschuldigt, gedeckt oder vertuscht werden. Häufig, weil eine Unsicherheit besteht, wie die oder der Betroffene am besten darauf angesprochen werden kann, aus Angst einer falschen Wahrnehmung oder vor einer Abwehrreaktion des Gegenübers. Manchmal tut einem die Kollegin oder der Kollege auch einfach leid, weil man weiß, dass gerade eine schwere Zeit durchgemacht wird. Für die oder den Betroffenen ist dieses das Zeichen, dass alles in Ordnung ist und niemand ihre oder seine ausschweifenden Alkoholexzesse am Abend zuvor bemerkt, auch wenn diese ggf. bereits zu Vorfällen wie Trunkenheit am Arbeitsplatz, Fehlleistungen, Unfällen oder Beschwerden geführt haben.
Häufig leiden die oder der Betroffene als letztes an den Auswirkungen einer potentiellen Abhängigkeitserkrankung. Vorher leiden vor allem das private und berufliche Umfeld unter den daraus resultierenden Auswirkungen und Verhaltensweisen. Deshalb wird seitens der oder des Betroffenen auch keine Veränderungsmotivation oder Problemeinsicht entstehen, solange sie oder er nicht auf die Auffälligkeiten angesprochen wird.
Verhaltensrichtlinien für das soziale Umfeld:
Vorgesetzte und Beschäftigte:
- Übernehmen Sie keine Mehrarbeit, die durch Leistungsreduzierung entstanden ist.
- Sprechen Sie Ihren Kollegen oder Ihre Kollegin an und fordern Sie sie bzw. ihn zur Verhaltensänderung auf.
- Tritt trotz wiederholter Ansprache keine Veränderung ein, informieren Sie Ihre Vorgesetzte bzw. Ihren Vorgesetzten und/ oder wenden Sie sich an die Sozialberatung und Suchtprävention.
- Eine frühzeitige Intervention verhindert eine lange Leidenszeit für alle Beteiligten.
- Vertuschen Sie keine Fehler und decken Sie niemanden aus falschverstandener Solidarität.
- Vorgesetzte sollten keine Fehltage nachträglich in eine Urlaubsmeldung umändern oder Urlaubstage auf telefonische Anfrage am selben Tag genehmigen.
- Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Vorgesetzte oder Ihr Vorgesetzter betroffen sein könnte, wenden Sie sich am besten an die Sozialberatung und Suchtprävention oder/und an den nächst höheren Vorgesetzten.
Grundsätzlich können Sie sich mit Fragen und bei Unsicherheiten jederzeit an die Sozialberatung und Suchtprävention wenden. Wir besprechen vertraulich die Situation, die Sie wahrnehmen und wie Sie sich am besten verhalten können.